Verkuppeln wie ein Dating-Portal? MindHire.de im Selbst-Test

Ich wollte schon immer einen Artikel darüber schreiben, dass das komplette Sich-Bewerben doch irgendwie etwas mit dem Szenarios eines Dates gemeinsam hat. Beide Seiten versuchen sich in möglichst positivem Licht darzustellen und im schlimmsten Fall kommt später das böse Erwachen…

Jetzt kam mir aber eine neue Online-Bewerbungs-Plattform zuvor. MindHire.de „verkuppelt wie ein Dating-Portal Bewerber mit ihren Wunschjobs“ – zumindest laut eigenem PR-Text. Das schaue ich mir doch mal genauer an:
 
Die Startseite hinterlässt einen positiven Eindruck, obwohl schon recht viel auf der ersten Seite steht (hier nur der Ausschnitt); das ist jedoch auch ein wenig Geschmackssache.


Die Überschriften „Finden statt suchen“ und „Ein-Klick-Bewerbung“ machen mich neugierig und suggerieren mir Einfachheit und Schnelligkeit. Der untere Bereich, zeigt was ich als nächstes machen muss, um tatsächlich an (möglichst interessante) Jobs zu kommen.
Der Claim "Ich suche Struktur" ist leider auf diesem Portal angesagt

Die erste Enttäuschung – laut dieser Visualisierung sind 30-45 Minuten notwendig, um mich dort zu registrieren… Einfachheit und Schnelligkeit sehen wahrhaftig anders aus. Aber für den Traumjob in Spe werde ich mir das mal antun…

Der „Jetzt Registrieren“-Button bringt mich nicht etwas zu einem Registrierungs-Formular…. Neeeeeeein.
Das wäre zu einfach. Erbringt mich wieder zurück in den oberen Bereich der Startseite.
Hier geht dann die Verwirrung weiter. Soll ich nun links klicken oder rechts? Unten stand etwas von registrieren und hier habe ich die Wahl zwischen „Anmelden“ (bzw Login) und „Das MindHire-Matching findet die passenden Jobs für dich!“.

Nachdem ich 32 Fragen beantwortet habe auf einer bipolaren Skala, freute ich mich nun auf meine passenden Jobs. FEHLANZEIGE: Also doch auf Anmelden…. Es folgt die klassische Verifizierungsmail.

Die Erst-Auswertung meiner 32 Antworten ist noch recht überschaubar.

Danach komme ich auf meine „Profil-Seite“, bei welcher ich auch noch einige Daten eingeben muss. Meine Vita kann ich dank XING-Synchronisation gut implementieren ohne viel Aufwand. Das klappt schonmal sehr gut. Ich muss 4 Bereiche ausfüllen „Vita“, „Fähigkeiten“, „Persönlichkeit“ und „Wunschjob“ Die 30-45 Minuten sind wahrlich nicht übertrieben. Weitere 32 Persönlichkeitsfragen und 32 Fremdwahrnehmungsfragen würden mir als „normalem“ Bewerber die Lust nehmen und ich hätte hier abgebrochen. Aber ich möchte meinen Lesern ja offenbaren, was meine passende Job-Empfehlung ist.

64 weitere Fragen machen das Persönlichkeitsprofil zu einer "runden" Sache


Das Profil, welches dort erstellt wird ist gar nicht mal so schlecht, muss ich gestehen. Da habe ich schon deutlich schlechtere Ergebnisse von Persönlichkeits-Tests gesehen. Es ist im Rahmen einer Online-Befragung schon ein sehr ordentliches Ergebnis. Schade, dass nicht alles so gut durchdacht ist auf diesem Portal.

Leider passen die Jobs überhaupt nicht zu meinem Profil


Jetzt kommen wir zum Ergebnis:
Von den Unternehmen sagt mir leider keines etwas. Aber das muss schließlich nichts bedeuten. Unter den ersten 10 Job-Vorschlägen ist kein Job, der richtig passt. Am ehesten würde mit zwei zugedrückten Augen der Senior Projektmanager Online passen. Das liegt aber nur daran, dass alle anderen Positionen noch weniger passen, da dort in der Regel komplett andere Qualifikationen gefordert sind. Ingenieur, IT-Ausbildung, Controlling-Fokus etc.

Also sind 45 anstrengende Minuten für die Tonne.

FAZIT:
  1. Die Idee, dass man ein Bewerberportal mit einem guten Persönlichkeitstest kombiniert finde ich durchaus sinnvoll. Jedoch müssen dann auch die Unternehmen in der Lage sein, mit diesen Daten etwas anzufangen. Die durchschnittliche Stellenausschreibung ist nicht nach Persönlichkeitsprofilen aufgeschlüsselt. 
  2. Letztenendes ist dieses Portal auch lediglich eine Datenbank mit verschiedenen Abgleich-Möglichkeiten. Ähnliche Möglichkeiten bieten Absolventa, Monster, Stepstone, einige Headhunter etc...  
  3. Meine Ergebnisse sind nicht unbedignt repräsentativ - Stellen für ITler und Ingenieure scheint es dort ja mehrere zu geben. Jedoch anscheinend nichts für einen HRler/Personalmarketeer.
  4. Das Herzstück - der Persönlichkeitstest  - ist gut gelungen.
  5. Wenn das Portal erfolgreich werden möchte, empfehle ich dringend einen guten Usability-Check.

Alle Screenshots sind direkt von mindhire.de 

Kommentare

  1. Moin Tim, schau dir doch das mal an: http://karrierebibel.de/karrierematcher-wie-die-telekom-klug-nach-bewerbern-fischt/ (da der Chrome nicht von allein RSS kann am besten gleich einen anderen Browser nehmen zum ausprobieren...) LG Jo

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    1. Hi Jo,
      vielen Dank für den Tipp. Habe ich mir doch gleich mal angeschaut.
      Ist deiner Meinung nach der Zusammenhang von Profil und empfohlenen Jobs plausibel bzw passend?
      VG
      Tim

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  2. Hallo,

    erstmal vielen Dank, dass Sie unser Portal getestet und dazu Feedback gegeben haben. Da wir die Seite gerade überarbeiten, können wir das gut einbauen.
    Schön, dass Sie die Idee grundsätzlich gut und den Persönlichkeitstest gelungen finden. Ich möchte noch kurz etwas zum 1. und 2. Punkt, die die Funktionsweise von mindHire betreffen schreiben.
    Die Firmen geben ebenfalls die gesuchte Persönlichkeit und auch Rahmenbedingungen des Jobs an - diese werden gemeinsam mit den gesuchten Fähigkeiten dann gegen die Bewerberprofile gematcht - daraus entsteht für beide Seiten ein Score. Diesen kann man sich in den drei Bereichen untergliedert anschauen. Beide Seiten sehen also, wie gut die gesuchte und Bewerberpersönlichkeit zusammen passen. Davon haben auch die Firmen etwas, weswegen sie auch bereit sind, bei uns mehr als eine durchschnittliche Anzeige einzustellen.
    Wir sind gerade neu in den Markt eingetreten - daher haben wir noch nicht so eine große Bandbreite an Jobs - Sie haben es ja selbst gemerkt. Aber daran arbeiten wir gerade und dann werden sicher auch einige HR/Personalerjobs dabei sein.

    Viele Grüße
    Ronny Werner

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    1. Hallo Herr Werner,

      als aller erstes vielen Dank für Ihre Stellungnahme - zu diesem durchaus kritischen Bericht.

      Es freut mich zu hören, dass Sie noch weiter an dem Portal arbeiten.

      Mein Tipp in diesem Kontext: Sie sollten mit PR erst anfangen, wenn Sie das Feintuning verbessert haben. Sonst kann es eventuell (wie in meinem Beispiel) zu Frust-Momenten kommen.

      Wenn Sie noch ein paar konkrete Handlungsempfehlungen haben möchten, melden Sie sich doch einfach bei mir!

      VG

      Tim

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  3. Hallo Tim,

    sorry für die späte Antwort und vielen Dank für das Angebot der Unterstützung - ich komme gern bei nächster Gelegenheit drauf zurück.

    Ihrem Tipp zum Thema - erst Tunen, dann PR - kann ich leider als Startup-Gründer nicht so richtig folgen. Klar, mit genügend Zeit und Geld könnte man das System fertig entwickeln - allerdings würde man aus meiner Sicht auch die Chance verpassen, dass die Zielgruppe während der Entwicklung Einfluss nimmt - eben durchaus auch mit Kritik an Aussehen und Funktionen.

    Wir haben Ideen, Zeit und Geld in essentielle Dinge, wie den Test und das Matching gesteckt - aber irgendwann muss man eben die Nase auch rausstecken - a) um Feedback zu bekommen und b) um bekannt zu werden.

    Um die Kandidaten möglichst nicht zu enttäuschen, wenn sie aktuell keinen passenden Job finden, haben wir Features, wie z.B. einen Lebenslaufgenerator eingebaut, damit nicht das Gefühl aufkommt, dass der Einsatz ihrer wertvollen Zeit "für die Tonne" war. Und an den Jobs arbeiten wir natürlich mit Hochdruck.

    Beste Grüße
    Ronny

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    1. Hallo Ronny,

      ja, ich kann es aus Ihrer Sicht sehr gut verstehen, dass ein zeitnaher Launch sinnvoll ist, um Liquidität zu erhalten.

      Ich kenne nur genug Beispiele, wo das genau zum Eigentor wurde und ein verfrühter Markteintritt die potenzielle Kundschaft nur abgeschreckt hat.

      Aber ich habe hingegen auch ein Positiv-Beispiel aus eigener Erfahrung:
      Vor einigen Jahren habe ich bei meinem vorletzten Arbeitgeber einen Test-Lauf mit Absolventa gemacht (damals deutlich weniger bekannt als heute). Der Test-Lauf lief relativ unrund und ich war selbstverständlich unzufrieden. Mein damaliger Ansprechpartner hat dann jedoch für einen sehr guten Service gesorgt und alles was nicht so gut lief, deutlich verbessert. Und seitdem ist mein ehemaliger Arbeitgeber treuer und zufriedener Kunde bei Absolventa.

      Ich drücke euch die Daumen und hoffe, dass ihr euch viel Feedback einholt und das auch umsetzten könnt!

      VG

      Tim

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